Freitag, 5. Februar 2010

Kommunikation macht schön.

Noch ein knapper Monat bis zur CeBIT. Und jede CeBIT ist nur ein Anfang. Die Zukunft verlässt die Messehallen und bricht bald auch bei Ihnen ein, vermutlich über die ungesicherte Terrassentür. Blicken Sie zum Fenster, morgenleuchtet sie dort nicht schon? Nein, nicht das Windows-Flimmern, ausnahmsweise ist das reale Fenster gemeint.

Total versorgt
Wenn endlich jeder mit allen und allem vernetzt ist, wird das Leben zum Rundum-Sorglos-Paket. Einkaufen gehen ist unnötig, weil Ihr Kühlschrank genau registriert, wenn das Lieblingsbier zur Neige geht und automatisch eine Bestellung auslöst. Natürlich konnten Sie vorher programmieren, ob Sie auf Schnelligkeit oder auf Preisvorteile Wert legen. Wenn es rasch gehen soll, kommt die Lieferung aus dem benachbarten 50 Kilometer entfernten Super-Store innerhalb von zwei Stunden. Wenn es vor allem billig sein soll, hat sich Ihr Kühlschrank schon vor drei Monaten ins Internet eingeloggt, um für Sie bei der Aktion Je-mehr-bestellen-desto-kostenloser-wird´s.com abzusahnen, äh, -bieren. Obwohl, bei Kaffeesahne haben auch schon 23.452 Kühlschrank-User („friggies“) vorbestellt. Natürlich versucht die eHealth-Software Ihres Hausarztes, die Bierlieferung unter Hinweis auf die angegriffene Leber zu sabotieren, aber zum einen funktioniert die Schnittstelle nicht richtig und zum anderen heißt es ja nicht umsonst E-Kommerz. Dass Sie gerade Ihren Totenschein zugemailt bekamen, weil Sie den Kühlschrank drei Tage nicht benutzt hatten, ist kein Programmfehler, sondern nur ein Alptraum.

Total verliebt
Auch Ihr Liebesleben wird künftig noch glücklicher. Wenn Sie die Geheimratsecken Ihres Partners stören („Kriegst Du wirklich schon ´ne Platte?!“), setzen Sie seinem Kopf einfach eine Schein-Oberfläche auf, den Virtual Head. So können Sie künftig in dichtbehaartes Vlies einer Farbe und Länge Ihrer Wahl atmen. Gleichzeitig lassen Sie sein Antlitz sich der von einem amerikanischen Gesichtschirurgen ermittelten Idealproportion von 1:1,6 nähern. Oder wenn Sie die Pfunde Ihrer Partnerin nerven („Wozu haben ich Dir zu Weihnachten denn den Gutschein fürs Fitness-Studio geschenkt?!“): Einfach Ihre persönlichen Ideal-Maße 90-60-80 in das Programm eingeben und der Virtual Body steht. Eine aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zwingend vorgeschriebene Filterfunktion verhindert dabei, dass Sie gleich die Nachbarin einprogrammieren, mit der Sie schon immer mal... Damit das Selbstwertgefühl Ihrer Partnerin nicht leidet, kann sie sich auf eine virtuelle Wage stellen, während der Chip in ihrem Ohr Schmeicheleinheiten lädt: „Du bist schön. Du bist begehrenswert. Du bist gut drauf.“ Tschakka.

Total billig
All diese kommunikativen Herrlichkeiten kosten nur ein Zweitausendstel Ihres Monatsgehalts, das Sie sich mit 15-Stunden-Wochen am Tele-Heimarbeitsplatz gleich neben Ihrem Bett verdienen. Den Rest der Woche widmen Sie Ausflügen in Zeit und Raum. Durch die multimediale Wand Ihrer Wohnung betreten Sie das alte Ägypten oder Sie hören in Athen Sokrates zu und überprüfen, ob seine Frau Xanthippe wirklich so zänkisch war. Scheint so, was aber auch daran liegen kann, dass die Darstellerin eine zwangsumgeschulte Operettensängerin ist. Immerhin: Interaktion.

Total verschlafen

Bis es endlich soweit ist, müssen Sie allerdings weiter fluchen, weil der Festplattenrecorder statt „Reich werden in der Krise mit Web2.0“ wieder nur den Sandmann aufgenommen hat.